Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Spanien ade, Marokko juchhe!

   J. Schäfer          

Samstag, 16., bis Donnerstag, 21. Januar

Eine Woche auf dem Campingplatz in Torrox brachte die erwartbaren Erlebnisse: das immer wieder sehenswerte Rangieren der Wohnmmobile und deren sorgfältige Pflege, das für alle Nationalitäten und Sprachen ergiebige Gesprächsthema Wetter - die Nächte wurden kälter, die Tage grauer -, Diskussionen über die Flüchtlingssituation in Deutschland: Natürlich war nicht alles gut im 3. Reich, aber unter Adolf ….

Freitag, 22., bis Samstag, 23. Januar

Erstes Ziel war das Kolleg der Maristen in Málaga, aus dem einige als Märtyrer des Spanischen Bürgerkrieges starben. Einzig möglicher Parkplatz: an einer Kreuzung, halb auf dem Zebrastreifen; die beiden daneben stehenden Polzisten stört das nicht. Mein nächster Parkplatz ist eine - verblasste - Sperrfläche nahe der Fußgängerzone. Von hier aus geht's zunächst zur Kirche De Los Santos Mártires, erbaut für die Märtyrer und Stadtpatrone Cyriacus und Paula.


Auch aus dem Zentrum der Barmherzigen Brüder vom heiligen Johannes von Gott starben einige als Märtyrer des Spanischen Bürgerkrieges; bis heute ist das Zentrum zur Versorgung Obdachloser und sozial Schwacher da; das Azulejo zeigt den Ordensgründer Johannes von Gott.

Die kleine Kirche Zamarilla nahe der Gasse Pellejera Marmoles, in der Fortunato Merino Vegas und Luis Gutiérrez Calvo als Märtyrer starben, ist ein Marienheiligtum.

Mitten in der um die Mittagszeit umtriebigen Stadt ist das Kirchlein gut besucht von Betenden und Andächtigen.

In Algeciras besuche ich die dem Stadtpatron Bernhard von Clairvaux geweihte kleine Kirche Nuestra Señora de Europa am Hauptplatz der Stadt; der Platz ist geprägt von Azulejos in verschiedenen Formen.

Am Abend fahre ich etwas nach Westen auf den Campingplatz in Tarifa, den südlichsten Campingplatz Europas - jedenfalls des Festlandes -, direkt am Meer, also schon dem Atlantik und wunderschön in einem Vogelschutzgebiet gelegen. Eine gepflegte und Dank des Atlantiks sehr grüne Anlage, störend nur der Lärm der nahen Hauptstraße - immerhin nicht in der Nacht, denn privat fährt hier ja keiner. Dafür ist es v. a. in der Nacht deutlich wärmer als in Torrox; der Platz ist gefüllt von Wartenden oder Heimkehrenden Marokko- und Afrika-Reisenden, sehr viele davon aus der Schweiz.

Sonntag, 24. Januar

Heute ist der Sprung nach Afrika angesagt. Den Tipp, das Fährticket in der preiswerten Agentur von Carlos zu kaufen, ignoriere ich, denn die hat am frühen Sonntagmorgen sicher noch zu. Aber im Hafen gibt es keine Tickets! Also falle ich schnell dem ersten Schleuser in die Hände, der mich in die Stadt zu einer Agentur begleitet. 125 € war sicher nicht der billigste Preis, immerhin war das Bakschisch für den Schleuser inbegriffen. Zur Entschädigung musste ich dann nicht mehr lange auf die Fähre warten und erlebte die Ausfahrt aus dem modernen Hafen …

… und die Fahrt vorbei am Felsen von Gibraltar, das ich im vergangenen Jahr besucht hatte. Nach einer knappen Stunde war ich in Afrika …

… aber immer noch in Spanien, in Ceuta. Marokko erhebt natürlich Anspruch auf die Exklave, den Spanien zurückweist auch mit dem Argument, England verzichte ja auch nicht auf Gibraltar. So leben heute 80.000 Menschen in Ceuta, meist Militärs, auch einige Afrikaner. Die Stadt begrüßt mich entsprechend martialisch.

In der Mitte der auf einer Halbinsel gelegenen Stadt steht die mächtige Festung, an deren Bau Johannes von Gott in seinen jungen Jahren mitgeschuftet hat; der heutige Zustand entstand aber erst von 1674 bis 1705, in der Zeit der portugiesischen Herrschaft.

Zur Kathedrale - zuvor Moschee - gleich daneben komme ich leider etwas zu spät, nach einem kurzen Blick ins Innere weist mich die Schlüsselinhaberin freundlich aber unmissverständlich hinaus.
Wie man sieht, empfing Afrika mich mit schlechtem Wetter.

Die Exklave ist Freihandelszone, ein gewisser Wohlstand im Stadtzentrum unüberschaubar.

Nach dem Augustinerkolleg, an dem Gabino Olaso Zabala unterrichtete, sehe ich das Drachenhaus.

Vor der Franziskanerkirche - bei einem ersten Missionierungsversuch des Ordens starb Daniel Fasanella - begegnet mir wieder ein typisch spanisch-katholisches Denkmal: ein Büßer mit Kind.

Unweit des Regierungspalastes, in dem wohl Beatrix da Silva Meneses geboren wurde, steht die Kirche Maria de los Remedios - Maria von der immerwährenden Hilfe. Sie ist während der Messe innen proppevoll, die Leute stehen bis auf die Straße. Am Schluss erklingt das Ave Maria kraftvoll - mit Gitarrenbegleitung.

Ebenso spanisch-prächtig: die Altarfigur …

… und das Azulejo an der Kirche.

Zum Schluss des Stadtbummels suchte ich eine Toilette - fand den US-amerikanischen Schnellbrater, der immer eine hat - und kam in Versuchung, vor dem Grenzübertritt noch einmal verlässlich zu essen. Großer Lärm war schon von Weitem zu hören - typisch McDonalds eben. Aber es war eine Demonstration gegen schlechtes Essen und US-Profite: an den Eingängen wurden die Leute gewarnt und aufgeklärt, die Vorbeifahrenden erhielten ebenfalls Flugblätter - alle hielten (!) und nahmen sie offenbar dankend (!!); auch ich wurde vor dem Betreten angesprochen und beließ es deshalb beim Toilettengang; und das Schönste: innen war es gähnend leer.

Drüben ist Europa - Tschüss!
Geologen sagen allerdings, Marokko gehöre erdgeschichtlich bis südlich des Atlas-Gebirges noch zu Europa, die Berge des mittleren und hohen Atlas seien zugleich mit den Alpen entstanden, die afrikanische Festlandsplatte beginne erst südlich davon.

An der Grenze zu Marokko ging's am ersten Häuschen - Polizei: Passkontrolle - ruck-zuck, das Formular für die persönlichen Daten hatte ich schon in der Schiffsagentur erhalten und ausgefüllt. Nach 20 Metern das zweite Häuschen, davor ein Mann, zwar ohne Uniform, aber mit einem Ausweis um den Hals, der mich deutsch ansprach; schnell war klar: wieder ein Schleuser. In dem Gewühle wäre es ohne ihn aber schwierig geworden; zwar hatte ich das zweite nötige Formular für das Auto schon zuhause auf der Seite der marokkanischen Botschaft heruntergeladen und ausgefüllt, aber die Prozedur ist schwer durchschaubar: erst im Häuschen die Beamtin (!), die die Daten des Fahrzeugscheins in den Computer eingibt und das Auto-Formular prüft; dann irgendwo ein Mann vom Zoll, der das wieder prüft und stempelt; ein weiterer Zöllner, den man suchen muss, damit er den Inhalt des Autos inspiziert - wozu ihm ein Blick genügte; dann wieder zum Häuschen mit der Beamtin, die wieder prüft, stempelt und zwei Formulare zurückgibt, die man bei der Ausreise wieder braucht; schließlich nochmals zum Mann vom Zoll. 4 € und eine Zigarette waren das wert, auch wenn die Einheimischen Grenzgänger es offenbar einfacher haben.
Unproblematisch: die dritte, die Ausgangs-Kontrolle, dann bin ich in Marokko. Nun muss ich erst Mal zu Geld kommen - geht einfach am Bankomat. Fehlt noch die Haftpflichtversicherung - sie wird oft unterwegs kontrolliert -, auch gleich an der Grenze zu haben. Allerdings ist der Versicherungsvertreter beim Gebet, da warte ich gerne. Schließlich bezahle ich für einen Monat - Pannenhilfe inbegriffen - 950 Dirham, 88 €; noch 2011 wären das 6 € weniger gewesen, der marokkanische Dirham ist stabiler als der Euro. Dass ich die Versicherung überhaupt brauche liegt daran, dass die HUK-Coburg keine grüne Versicherungskarte für Marokko ausstellt, auch auf mehrfache Nachfrage dazu nicht bereit war!
Eine gute Stunde dauerte das alles, werktags wäre es wohl zeitaufwändiger gewesen. Aus Marokko geht dann der Blick noch einmal zurück auf Ceuta. Im Tal ist deutlich der meterhohe Grenzzaun zu erkennen, der die Flüchtlinge abhalten soll. Vor wenigen Wochen schafften dennoch rund 250 Afrikaner den Übertritt in die EU, einige auch mit Booten und schwimmend, 10 Afrikaner ertranken dabei.

Gleich hinter der Grenze beginnt die vierspurige Straße Richtung Tanger, Polizisten stehen alle paar Meter; immerhin nur eine Kontrolle zum Anhalten, ich werde durchgewunken. Dann die schöne neue Welt: Tanger-Med, der neue, große Hafen, Autoverladestation für das nahe Renault-Werk, deutlich im Wachsen begriffen und Marokkos Stolz. Erst 2007 wurde der Betrieb aufgenommen, seit 2012 ist es der größte Tiefseehafen Afrikas. Das erste Foto mache ich noch bei der Anfahrt …

… nicht ahnend, dass es am anderen Ende der Anlage extra einen fein angelegten Parkplatz mit Aussichtspunkt auf den Hafen gibt. Marokkos Stolz!

Ab dem Hafen ist die Autobahn dann prächtig ausgebaut, auch eine Raststätte ist piekfein mit allem, was dazugehört - Moschee inklusive. Da könnten deutsche Autobahnmeistereien Sauberkeit lernen und wie man Blumenrabatte pflegt. Westlich Tanger ist mein Ziel ein Campingplatz an den Herkules- Grotten, angeschlossen an ein Café. Die Grotten und der Strand sind heute Ausflugsziel für unzählige Städter, Verkehrschaos inklusive, aber der Campingplatz ist ruhig, einigermaßen ordentlich und schattig.

Oberhalb der Herkules- Grotten wurde ein großzügiges Besucherzentrum errichtet, Ort der Entspannung für die Sonntags-Ausflügler.

Am Abgang zu den Grotten drängeln sich auch noch am Abend die Besucher.
Herkules / Herakles, der Held der griechischen Mythologie, war von der rachsüchtige Hera mit Wahnsinn geschlagen worden und erschlug so seine Frau Megara und die gemeinsamen drei Kinder. Bekümmert ob seiner Tat fragte er schließlich das Orakel von Delphi um Rat; in dessen Folge hatte er zwölf Aufgaben zu lösen, als vorletzte musste er bei den Hesperiden - Nymphen, die auf einer Insel am Ende der Welt lebten -, die goldenen Äpfel stehlen, die bei ihnen in einem herrlichen Garten an einem Wunderbaum wuchsen. Dazu musste er zuvor Antaios, den Riesen mit nahezu unbezwingbarer Stärke, bekämpfen; in diesem - erfolgreichen - Kampf schlug er zwischen die Berge mit einem Säbel - oder seiner Schulter - die Straße von Gibraltar, so entstanden die Säulen des Herakles: der Felsen von Gibraltar und die gegenüberliegenden Berge auf der afrikanischen Seite. Durch eine List bewog er dann Atlas, den Vater der Hesperiden, ihm die Äpfel zu pflücken, und bewältigte auch die elfte der zwölf Aufgaben.

Dann richtete er sich für einige Zeit in den nun nach ihm benannten Grotten häuslich ein - dort hatte zuvor Antaois gewohnt - nahm dessen Witwe Tingis zur Frau und zeugte mit ihr den Sohn Sophox, der dann die Stadt gründete, die er zu Ehren seiner Mutter Tingis nannte.

Das Loch zum Meer, hinter dem gerade die Sonne am Untergehen ist, habe in etwa die Form Afrikas - sagen jedenfalls Leute mit Fantasie.

Montag, 25. Januar

Die Fahrt ins Zentrum der Stadt macht mich mit marokkanischem Fahrstil vertraut: jeder Kreisverkehr - und davon gibt es Dank französischer Tradition viele - ist eine Tablette gegen niedrigen Blutdruck. Sehr hilfreich ist wiederum mein Navi, auch hier mit genauer Kenntnis von Straßen und POIs - deshalb wieder einmal die aus der vollsten Zufriedenheit resultierende Empfehlung für die kostenlose (!!) Android-App MapFactor Navigator free.
Erstes Ziel in Tanger ist die katholische Kathedrale, leider geschlossen.

Der Place de France oberhalb des Hafens ist das Herz der Neustadt. Nachdem die Stadt 1923 internationale Zone und Freihandelszone wurde, erlebte sie eine wirtschaftliche Blüte auch dank Alkohol- und Drogenschmuggel.

Unweit ist die Kirche Sacre Cœur, leider auch nicht zugänglich und hinter Mauern.

Am Rande der Medina, der Altstadt, liegt in einem herrlich schattigen, parkänlichen Friedhofsgelände die anglikanische Kirche; sie kann sich einen Wächter leisten und ist geöffnet - nur sind anglikanische Kirchen leider nicht sehr sehenswert.

Einer der Eingänge zur Medina ist das Fahs-Tor.

Drinnen gibt es die engen Gassen und die Fülle der kleinen Läden …

… und ich finde im Gassengewirr nach einigem Suchen auch die frühere spanische Kathedrale, die Kirche La Purisima, erbaut an der Stelle einer alten romanischen Kirche, in der damals möglicherweise die hier gestorbenen Märtyrer Marcellus der Soldat und Cassian (Cassius) verehrt wurden. Heute ist die Kirche mit dem angeschlossenen kleinen Kloster von den Schwestern des Ordens von „Mutter” Teresa bewohnt, die Sozialarbeit betreiben.

Am Rande der Altstadt: das Viertel der Schmiede. Jedenfalls früher war dieses Handwerk den Juden vorbehalten, die in Marokko von den Muslimen immer sehr respektiert wurden und erst nach Gründung des Staates Israel das Land aus wirtschaftlichen Gründen verließen.

Ebenfalls respektiert: der frühere christliche Friedhof, gelegen neben dem muslimischen am Rand der Medina.

Und auch sie werden geachtet und versorgt, obwohl es Bettler sind, die den Park bevölkern.
Bei mir ist es mit der Versorgung schlechter: ich suchte Zigaretten, aber fand in der ganzen Stadt einschließlich Medina keine, nirgendwo ein Laden mit einem Schild für Tabak wie in Frankreich oder Spanien, auch beim Zeitschriften-, Schreibwaren-, Los- und Gebrauchsartikel-Händler wurde ich nicht fündig. An einer Ausfallstraße frage ich schließlich in einem Lebensmittel- - besser: Gemischtwaren-Laden und werde gefragt: Wieviele?. Ich erinnere mich: Zigaretten sind Luxus, die kauft man stückweise. Auf die Frage, ob er mir eine Schachtel verkauft, erhalte ich ein klares Nein - bei soviel westlicher Dekadenz streikt selbst das Kaufmanns-Gen - aber immerhin den Hinweis, in der nächsten Querstraße könne ich welche kaufen. Auch dort finde ich nur einen Laden für Alltagswaren und wird meine Frage wieder verneint. Als ich mich enttäuscht trolle, läuft mir ein Kunde hinterher und zeigt mir den Weg zum nahen Geschäft, in dem ich fündig werde: im Telekom-Laden.

Im Fort in Larache leistete der spätere Märtyrer José María Palacio Montes seinen Militärdienst in der spanischen Armee, die kurz zuvor im Rifkrieg - bekannt geworden durch den spanischen Giftgaseinsatz, dessen Kontaminationen bis heute wirksam sind - die Gegend erobert hatte. Heute ist das Fort verlassen, die Stadt präsentiert sich zum Hafen hin bunt. Früher war der Naturhafen ein berüchtigter Piratenstützpunkt, immer wieder wechselte die Herrschaft zwischen Muslimen, Portugiesen und Spaniern. Heute ist Larache Zentrum des Gemüseanbaus; es ist nicht ganz so extrem wie in Spanien, aber auch diese Region ist geprägt von Gewächshäusern für unsere Supermarkt-Angebote.

In Larache ist Feierabend, auch für mich. Für die Nacht hatten mir die Reiseführer * einen Stellplatz mit sauberen Sanitäreinrichtungen versprochen; er ist derzeit Baustelle, ohne Wasser und Toilette oder gar (warmer) Dusche. So weckt mich am nächsten Morgen der Lärm der Bauarbeiter.

* Beide sehr zu empfehlen:
• Erika Därr und Astrid Därr: Marokko. 12. Aufl. 2011, Reise-Know-How-Verlag Bielefeld
• Edith Kohlbach: Campingführer Marokko - Mauretanien. 6. Aufl 2012, Edith-Kohlbach-Reisebücher Wiesbaden

Die Tracks:
Tarifa
Herkules-Grotten
Larache
Mohammedia

geschrieben am 23., 24. und 27. Januar 2016


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