Welt bereisen Das Reiseblog des Ökumenischen Heiligenlexikons

Löwenhöhle und Normannenkathedrale

   J. Schäfer          

Dienstag, 7. März, bis Freitag, 10. März

Auch am Dienstag ist noch immer Sturm; er hat gestern abend begonnen, bläst heute den ganzen Tag heftig und wird is zur Abfahrt morgen anhalten. Er bringt trotz gelegentlichem Sonnenschein Kälte mit sich und man wünscht, es möge jemand den Ausschaltknopf betätigen; aber da ist keiner.


Im SPIEGEL lese ich dann, daß der Sturm in Malta die berühmte Felsbrücke von Gozzo zum Einsturz brachte. Die werde ich also nicht mehr sehen.

Erstes Ziel heute sind die antiken Ruinen von Segesta, wo angeblich Pappius lebte.

Dann kome ich nach Calatafimi, ein in ganz Italien bekanntes Provinzstädtchen, weil hier Garibaldis Rothemden am 15. Mai 1860 die Truppen des dreifach überlegenen neapolitanischen Generals Landi schlugen; damit begann sein Werk der Befreiung und Einigung Italiens.

In diesem Haus wohnte Garibaldi damals.

Am Rathaus (!) die Inschrift: Allein Gott ist groß. Man sollte es allen Politikern und noch mehr den Wirtschaftsbossen ans Haupt schreiben.

Ich bin aber nicht wegen Garibaldi hier, sondern wegen Archangelus von Calatafimi, der hier geboren wurde und in der Kirche San Michele Arcangelo verehrt wird. Darin gibt es auch diese Statue des Erzengels Michael von 1490.

Und dann brauche ich eine halbe Stunde, um im Gassengewirr die gewünschte Ausfahrt aus der Kleinstadt zu finden zum Santuario Madonna del Giubino, wo Archangelus als Einsiedler lebte.
Wenn die OSM-Karten nicht richtig gepflegt werden, sind auch Treppen für das Navi befahrbar und Einbahnstraßen in beide Richtungen. Erst landete ich an der Kirche des Allerheiligsten Gekreuzigten: Sackgasse; dann nach Quälen durch engste Gassen an einem kanpp 2 Meter hohen Torbogen: nichts für meine Kiste - eine halbe Stunde Irrfahrt, auf dem Track zu verfolgen.

Am Santuario: sizilanischer Frühling.

In Alcamo besuche ich noch die von Archangelus gegründete Kirche, dann geht's tiefer ins Landesinnere auf katastrophalen Straßen - fast zwei Stunden für 54 Kilometer: riesige Bodenwellen durch Erdbeben, Straßenabbrüche, Engstellen durch Erdrutsche, dazu oft schlammige Stellen, denn es muss hier heftig geregnet haben.
Kann man unbewaffnet in die Höhle des Löwen, nach Corleone, gehen? Man kann, der legendenumwobene Hauptort der Mafia ist ein nettes Städtchen - und nennt sich heute am Ortseingang Welthauptstadt der Legalität. Hilfreich wären aber Skistiefel: es hat offenbar heftig gehagelt!

In Corleone wurde Leo Lukas geboren, sein angebliches Elternhaus wurde zur ihm geweihten Kirche.
Der gegenüber ein schönes Beispei für sizilianisches Autofahren: man parkt, wo es geht - und wo es nicht geht, zur Not auch. Auf dem Schild steht: Bitte freilassen, es ist eine Durchgangsstraße.

Das Rathaus …

… und der Palast der Bentivegna aus dem 19. Jahrhundert, zum Einen: Symbol der damaligen Feudalherrscher, die die Landbevölkerung bis aufs Blut ausbeuteten, so ihren Reichtum erwarben, aber auch als Gegenreaktion die Entstehung der Mafia beförderten. Die Gegend hier ist sichtlich mitaußerordentlich fruchtbaren Böden und viel Wasser gesegnet. Zum andern aber auch Symbol der bürgerlichen Freiheitsbewegung, die das einige Italien hervorbrachte. Von einem der Balkone sprach Garibaldi zum Volk und proklamierte erstmals den Marsch auf Rom mit der Parole Rom oder Tod, d. h. den Kampf nicht nur gegen die Franzosen und Österreicher, sondern auch gegen den Kirchenstaat!

Nein: Corleone hat keinen schlechen Ruf verdient. Die Leute, die ich nach dem Weg fragte, waren alle sehr freundlich, alles schien friedlich - und sichtlich fromm, was aber die Mafia auch zu sein vorgibt; und für die lausige Kälte kann das Städtchen ja nichts.

Am Stadtrand: das verfallende ehemalige Kloster der Kapuziner, in das Bernhard von Corleone eintrat.

Schon bessere Zeiten erlebt hat das auch Kloster San Martino delle Scale in den Bergen hoch über Palermo, das Papst Gregor „der Große” einst gegründet hatte und in dem Angelus Sinisius der erste Abt nach der Wiederbelebung nach der muslimischen Zeit war; Josef Benedikt Dusmet wurde dort Mönch.
Das Kloster war einst beliebter Anlaufpunkt für Reisende und ein geistiges Zentrum, auch Protestanten waren gern gesehen, wenn sie zum intellektuellen Disput etwas beitragen konnten.

Auf der Weiterfahrt: ein Blick auf Monreale mit der großen Kathedrale und dahinter am Meer Palermo.

Zur Kathedrale in Monreale komme ich zu spät, sie schließt schon um 17 Uhr …

… es bleibt nur ein Blick auf das Eingangstor im normannisch-arabischen Stil. Ich komme wieder!

Wider Erwarten ist der Campingplatz im Vorort Sferrecavallo von Palermo - mit Busanschluss in die Stadt - doch geöffnet
Abends war ich Essen hier im Ort, natürlich in einem Fischlokal: das empfohlene Menue - mal schauen, was da kommt. Es kamen alle denkbaren Varinaten von fischigen Vorspeisen, beim 12. Teller habe ich aufgehört zu zählen; dann Spaghetti mit Meeresfrüchten, Couscous mit Meeresfrüchten, Risotto mit Meeresfrüchten, schließlich eine Platte mit verschiedenen Fischen, dazu 1 Flasche Wein und 1 Flasche Wasser - alles frisch und lecker, das ganze für 25 € - macht pro Gang gut 1 €. Sizilien ist wahrhaft preiswert und ich habe mich schon des öfteren gefragt, wovon die Leute eigentlich leben.

Am nächsten Morgen steht zuerst das Santuario der Rosalia von Palermo auf dem Programm. Die Anfahrt gstaltet sich als schwierig: die Zufahrt von Norden ist plötzlich durch eine Sperre unmöglich, die von Süden zu finden nicht ganz einfach, da nirgendwo angeschrieben. Aber dann, auf halber Höhe, ein großartiger Blick auf Palermo …

… aufs Frühjahr …

… und ein herrliches Gebäude, früher Hotel, heute Management-Schule.

In Rosalias Höhle: ihr Altar. Weiteres gibt es auf der Seite Santuario Rosalia bei Palermo.

Und wie an allen Wallfahrtsorten: man hofft auf Geschäfte.

erneut an der Kathedrale in Monreale: man sieht: das Wetter hat sich deutlich gebessert.

Innen: die Apsis. Die ganze Kirche ist mit byzantinischen Mosaiken ausgekleidet, insgesamt mehr als 6000 Quadratmeter Szenen aus dem AltenWir verwenden den Begriff Altes Testament, wissend um seine Problematik, weil er gebräuchlich ist. Die hebräische Bibel, der „Tanach” - Akronym für „Torah” (Gesetz, die fünf Bücher Mose), „Nevi'im” (Propheten) und „Kethuvim” (Schriften) - hat aber natürlich ihre unwiderrufbare Bedeutung und Würde. und Neuen Testament sowie Heilige.

die Marienkapelle

Agatha von Catania, Antonius „der Große” und Blasius

So reisten die Bischöfe; Tragesessel vom Ende des 18. Jahrhunderts, im Diözesanmuseum. Mir ist meine Kiste deutlich lieber.

… und so verehrte man zur selben Zeit das Jesuskind.
Ein bisschen fürs Herz ist immer hilfreich, so lässt sich die Wirklichkeit leichter verschleiern. Erzbischof Cassisa, zu dessen Diözese auch Corleone gehört, war dick in Mafiageschäfte verstrickt, wurde wegen Korruption angeklagt, erschien aber nie vor Gericht. 1997 trat er aus Altersgründen zurück.

Die Kathedrale ist auch von außen: großartig.

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geschrieben am 9. und 10. März 2017



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