Von Friesland nach Utrecht
Dienstag, 14. Oktober, bis Freitag, 17. Oktober
Nur drei Tage brauchte ich zur Arbeit auf dem
Campingplatz in Easterlittens. Das erste Ziel am
Dienstag war nun die Kirche in Witmarsum bei
Leeuwarden, an der Menno Simons Priester war.
Auf dem Gut Liauckama in Sexbierum, einem Ortsteil
von Waadhoeke, wurde Elko von Lidlom geboren
und im nahen damaligen Kloster Lidlom - heute ein
Bauernhof in Klooster-Lidlum - war er Abt.
Das ehemalige Kloster Mariëngaarde nahe Hallum -
heute ebenfalls ein Bauernhof - hatte
Friedrich von Mariengaarden
gegründet und als Abt geleitet; Siard von
Mariengaarde wurde sein Nachfolger als Abt, Dodo
von Haska und Hermann Joseph von
Steinfeld waren dort Mönche. Friedrich von Mariengaarden war zuvor Pfarrer an der
Sint-Maartenkerk in Hallum. Für die weiblichen
Ordensmitglieder gründete Friedsrich 1170 das Kloster
Bethlehem im heutigen Bartleheim, einem Ortsteil von Wijns in Friesland; auch dies ist heute ein Bauernhof, der wirbt mit
biologischer Ziegenhaltung
.
Während ich den Hof fotografiere, kommt der junge Bauer angerannt und fragt empört, was ich hier wolle, es sei Privatgrund
- die Straße ist aber nicht als solcher gekennzeichnet. Als ich ruhig antworte, ich fotografiere nur sein Haus - was als
Panoramafreiheit
überall in Europa erlaubt ist - antwortet er, er schicke seine Frau, die könne besser Deutsch.
Offenbar treibt ihn die Angst vor Untaten. Man könnte die Angst vor Kriminalität in den Niederlanden als hysterich bezeichnen:
alle - auch die katholischen - Kirchen sind geschlossen oder, selten genug, nur stundenweise geöffent, dann aber immer mit
einer anwesenden Person. Sie enthalten aber sowieso keine Kunstschätze, die Reformation hat hier ausgiebig gewütet. Auch alle
Tankstellen haben abgeschlossenene, hinter (Panzer-)Glas gesicherte Kassen. Und Überwachungskamerqas sind allüberall. Dabei ist
die Kriminalität hier generell niedriger als z.B. in Deutschland, das ebenfall ein sehr sicheres Land ist: Es gab 2024 in den
Niederlanden 0,7 Morde oder Mordversuche pro 100.000 Einwohnern, in Deutschland 0,9. Es gab in den NL 45 erfasste Straftaten pro
1.000 Einwohner, in D 70. Bei den Wohnungseinbrüchen betragen die Zahlen 0,82 pro 1.000 Einwohner in NL, und 1,07 in D. Zudem:
in beiden Ländern gingen alle diese Zahlen in den vergangenen Jahren stark zurück! Das mit Abstand kriminellste
Land
in Europa ist übrigens - unabhängig vom und schon lange vor dem Krieg mit Russland - die Ukraine.
Vom Kloster Klaarkamp - auch das ist heute ein
Gehöft - bei Dokkum aus stiftete Cythardus
von Bloomkamp ein neues Kloster. Gerbrand
von Bloomkamp und Wido von Adwerth waren Äbte
in Klaarkamp. In Dokkum wurden Bonifatius
(Winfried), Adalar,
Eoban,
Hildebrand und
Reginald und weitere Gefährten an der Stelle der 1934
am Todesort errichteten Bonifatiuskapelle erschlagen.
Die Sint-Martinuskerk in Dokkum baute einst
Liudger von Münster, auch zum Andenken an
Bonifatius, Willehad von Bremen war dort
Priester. 1872 erbauten die Katholiken dort dann diese
Bonifatiuskirche.
Das Hospizgebäude des ehemaligen Bernhardusklosters
in Adwerth - dem heutigen Aduard bei Groningen - ist heute reformierte Kirche. In diesem Kloster lebte
Emmanuel von Cremona,
Richard von Adwerth und
Wido von Adwerth waren Äbte. Auffällig: der
Sickerstreifen rund umd die Kirche besteht nicht aus Kieselsteinen, sondern aus Muscheln. In Ermangelung von Steinen hat
man v.a. früher oft Muscheln benutzt, die es in dem wasserreichen Land ja genug gibt.
Bei Groningen wurde wohl Reiner von
Osnabrück geboren; im Prinsenhof mit diesem
Eingangstor - heute ein Hotel - kam wohl Hymana zur Welt.
In Bedum bei Groningen starben Waltfrid
und Therasia und Rotfrid, über ihrem Grab wurde eine
Kirche erbaut.
An der Kirche in Huizinge war
Erno von Huizinge Pfarrer. Im Kirchhof:
dieser alte Grabstein: sehr schmal, denn Steine sind hierzulande ja Mangelware - also teuer. Schließlich sehe ich noch die
Kirche, die an der Stelle des von Erno gegründeten
Klosters Bloemhof in Wittewierum steht.
An der Raststätte Dikke Linde verbringe ich eine
ruhige Nacht.
Der Mittwoch beginnt in der Menkemaborg - heute
ein Museum über das Leben der Adligen im 17. und 18. Jahrhundert - in Uithuizen bei Appingedam ganz im Norden; im Vorgängerbau
wurde Erno von Huizinge geboren. Erno
gründete auch schon das Kloster Rozenkamp - an
seiner Stelle steht heute dieser Bauernhof. Ein Bauernhof ist heute auch an der Stelle des
von Hadebrand gegründeten
Alten Klosters
. Schließlich noch ein
Bauernhof: das ehemalige Kloster Sanctus Benedictus in
Menterna nahe Termunten, in dem Richard
Sakristan war.
Nun nehme ich Abschied von Friesland, es geht ein gutes Stück
nach Süden, nach Zwolle und dort zuächst in diese Kirche
des ehemaligen Dominikanerklosters, in dem
Alanus de la Roche starb.
Auf dem Weg in die Innenstadt: dieses imposante Stadttor
Sassenpoort
In dieser Michaelskirche lagen die
Reliquien von
Thomas von Kempen. Seit 2006 ist die
Kirche profanisiert und nun
Academiehuis
, ein überdachter öffentlicher Platz: Treffpunkt, Relax-Arena, Ausstellungsfläche,
Veranstaltungsort, Café und Bücherei - eine Kirche als echte Ekklesia, nur ohne sakrale Funktion. Das Academiehuis stellt sich
in die Tradition von Platons Akademie in Athen.
Davor, auf dem
großen Markt
, blüht das Leben trotz des höchst mäßigen Wetters. Unweit steht die
Liebfrauenkirche, die nun die
Reliquien von
Thomas von Kempen birgt.
Nahe meines Parkplatzes sehe ich, wie man auch in Zwolle auf zur Wohnstätte ausgebauten Schiffen lebt. Etwas außerhalb der
Stadt lag das ehemalige Kloster Agnietenberg, in
dem Thomas von Kempen lebte und
starb.
Nochmals ein größeres Stück nach Süden liegt Deventer;
in der Gegend wirkte Markhelm als Glaubensbote. In der
Stadt sehe zuerst die ehemalige Lateinschule, an der
Geert Groote wirkte. Gegenüber steht diese
Lebuinuskerk, deren Vorgängerbau
Bernulf (Bernold) von Utrecht errichten ließ,
an der Johannes Mahusius als Bischof residieren
sollte, die dem Patron Lebuin (Liafwin) von
Deventer geweiht ist, die ursprünglich von Liudger
von Münster gebaut wurde, an der Radbod von Utrecht
als Bischof wirkte.
Es ist schon Abend und das Wetter nasskalt, aber beim Gang durch die Stadt fallen die geschmückten Gassen auf. Ich komme
so zum Geert-Groote-Huis, das als Museum errichtet
wurde an der Stelle, an der sich die
Brüder vom gemeinsamen Leben
versammelt hatten, die
Geert Groote gegründet hatte und denen sich auch
Thomas Hemerken (von Kempen)
anschloss. In der Broederenkerk lag zuvor die
Kopfreliquie von Geert Grote.
Vor Einbruch der Dunkelhait reicht es noch, ins nahe Zutphen bei Arnhem zu fahren und dort diese
Kirche zu sehen;
Heinrich Zütphen wurde hier geboren,
Irmgard von Köln ist vielleicht hier gestorben,
von Justus gibt es wohl
Reliquien. Allerdings gibt es dann eine Umleitung und die
ist nicht ausgeschildert - sonst sind die Umleitungen hier immer hervorragend gekennzeichnet; ich bahne mir den Weg für Hin-
und Rückfahrt über schmalste Straßen durch dunklen Wald - ein Geduldsspiel!
Schließlich erreiche ich dann genervt die angestrebte
Raststätte Rijssen-Holten - und muss einen Platz
ganz nahe der Autobahn benutzen - also wird auch die Nacht nicht nervenschonend.
In Ootmarsum bei Zwolle starb Radbod von Utrecht. Vor der
Kirche der kleinen Stadt ist ein viel besuchter Markt
und mir fällt diese bronzene Marktfrau auf.
Weil ich nun ganz nahe der deutschen Grenze bin, fahre ich hinüber nach
Nordhorn, um dort - sehr viel billiger - zu tanken,
zudem muss ich zur Post, was hier auch mit vertrauterem Ablauf möglich ist. Und weil die Grenze an einer - wenn auch viel
befahrenen - Landstraße ist, gibt es auch hier keine Kontrollen; wiederum also ein Indiz für Symbolpolititk
der
Bundesregierung.
Zurück in den Niederlanden komme ich nach Oldenzaal bei Zwolle zu dieser wohl von
Plechelm von Odilienberg gegründeten und ihm geweihten
Kirche.
Markhelm starb hier.
Nochmals ein gutes Stück weiter Richtung Westen steht dieses heutige
Hotel nahe Amersfoort bei Utrecht, das an der
Stelle des einstigen, von Bischof Ansfrid von
Utrecht gegründeten Klosters steht. Eberhard
von Berne gründete eine Filiale seines Klosters an der Stelle eines heutigen
Landgutes nahe Maarsbergen bei Utrecht.
In Utrecht finde ich nahe der Innenstadt einen Parkplatz und komme dann zuerst zu diesem ehemaligen
Diakonissenhaus - heute das Stadtarchiv -, das
Theodor Fliedner 1844 gründete, und dann zum
Gelände des ehemaligen Paulus-Klosters, das durch
Bernulf von Utrecht eröffnet wurde durch
Verlegung des einstigen Klosters nahe Maarsbergen.
Auf dem Domplatz farbig markiert ist der Chorbereich der ehemaligen
Salvatorkerk; in ihr waren die Gräber der Bischöfe
Friedrich von Utrecht und von
Rixfridus von Utrecht. Ich besuche dann
diesen Dom - seit 1580 protestantische Kirche und
leider entsprechend schmucklos. Es gibt außer einer - für mich sinnfreien -
Lichtinstallation
mit aus LED-Stripes
gestalteten Figuren - nichts zu sehen.
Alberich von Utrecht,
Ansfrid von Utrecht,
Bernulf von Utrecht,
Eoban,
Friedrich von Utrecht,
Gregor von Pfalzel,
Harmacarus von Utrecht,
Hungerus Frisus,
Radbod von Utrecht,
Rixfridus von Utrecht,
Willibrord von Echternach waren hier
Bischöfe, vielleicht auch Ebregisus von
Utrecht. Geert Groote war Domprediger,
Heinrich von Köln
Kanoniker,
Konrad II. von Salzburg Probst.
Amandus von Maastricht hatte hier die
erste Kirche gegründet und ist - ebenso wie
Martin von Tours - Patron.
Adalar hat hier sein erstes Grab gefunden,
Angelus Merula und
Menno Simons wurden hier zum Priester geweiht.
Brun von Köln,
Liudger (Ludger) von Münster
und Odulf besuchten die Domschule,
Johannes Mahusius nahm an einer Synode teil,
von Benignus von Utrecht,
Maximinus von Tongern,
Paulus,
Plechelm von Odilienberg und
Pontianus von Spoleto gab es
Reliquien,
Faustina, und
Wiro von Roermond wurden hier verehrt, es gab auch eine
Marienerscheinung.
Selbst von außen ist der Dom praktisch nicht zu
fotografieren, da er sich völlig hinter Bäumen versteckt - gut für das Stadtklima, schlecht für mich. Fotogen aber auf dem
Domplatz: die Studenten, die gerade - geschmückt mit
Doktorhüten
- eine Feier verlassen haben. Die Universität ist direkt
neben dem Dom untergebracht.
Und beeindruckend auch: die Menge der Fahrräder auf dem Domplatz. Täglich seien in der Stadt 90.000 Fahräder unterwegs, schon
1885 wurde hier der erste Fahrradweg gebaut, seit 2019 gibt es ein Fahrrad-Parkhaus mit 12.500 Plätzen auf drei Etagen!
Diese Janskerk gründete
Bernulf von Utrecht …
… und ebenso diese Pieterskerk. Ich sehe noch
den Standort des ehemaligen Hieronymus-Klosters, an
dessen Schule Jan van Woerden und
Wilhelm Hessels van Est ausgebildet
wurden; heute steht dort ein modernes Gymansium.
Zum Schluss der Besichtigungen in Utrecht an diesem - entgegen der Wettervorherage - sonnigen Tag fahre ich zu dieser
Sint-Gertrudiskathedraal, der Zentrale der
Altkatholischen Kirche.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit und bei nun wieder einsetzendem Regen erreiche ich westlich von Utrecht noch Woerden; hier
wurde Jan van Woerden geboren und war dann an
dieser Kirche als Helfer des Pfarrers tätig, bis
er wegen reformatorischer Ansichten angeklagt und getötet wurde.
Schon in den vergangenen Tagen wuchs in mir die Tendenz, die Reise ob der mäßigen Temperaturen nicht fortzusetzen, zumal
die Prognose noch kältere Tage vorhersagte. Also geht es nun auf der Autobahn Richtung Heimat und ich übernachte auf der
Raststätte Bisde - genau dort, woh ich auch schon
vom 1. zum 2. Oktober schlief.
Am Freitag geht es dann über die Grenze - zwar eine vierspurige und viel befahrene Straße, aber wieder keine Kontrollen -
nach Worringen - heute ein Stadtteil von Köln -, wo im
Herrenhaus
Josef Marxen geboren wurde. Die Weiterfahrt nach
Stuttgart wird dann am Nachmittag natürlich ob des
Wochenend-Verkehrs zum Geduldsspiel, aber nach einigen Staus erreiche ich die Heimat.
Die Bilanz dieser Reise: 4549 km gefahren, damit nun alle Stellen in Deutschland und in den Niederlanden besucht, 1089 Fotos gemacht, davon kamen 154 ins Ökumenische Heiligenlexikon.
Tracks
Dikke Linde
Rijssen-Holten
Bisde
Stuttgart
geschrieben vom 18. bis 21. Oktober 2025